Wegen Corona gestrandete Reisende 60 Klagen gegen Kostenbeteiligung an Rückholaktion

Perth in Australien: Hunderte Passagiere des deutschen Kreuzfahrtschiffs »MS Artania« wurden im März nach Deutschland zurückgebracht
Foto: Richard Wainwright/ dpaGut zehn Monate ist es her, dass die Coronavirus-Erkrankung von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zur Pandemie erklärt wurde. Einhergehend mit der zunehmenden Verbreitung des Virus haben viele Länder ihre Grenzen geschlossen – die Heimreise wurde für viele Reisende zur Herausforderung. Nach ihrer beispiellosen Rückholaktion hat die Bundesregierung bisher erst gut ein Viertel der veranschlagten Kostenbeteiligung von den Flugpassagieren kassiert.
Einige wollen gegen die Zahlungsbescheide sogar vor Gericht ziehen. Nach einer Antwort des Auswärtigen Amts auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Roman Müller-Böhm, die der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, gibt es inzwischen 60 Klagen.
Bis zum 16. Dezember zahlten die zurückgeholten Touristen oder Geschäftsreisenden den Angaben des Ministeriums zufolge 10,6 Millionen Euro in die Staatskasse ein. Das entspricht 11 Prozent der im Juni berechneten Gesamtkosten der Aktion von 93,8 Millionen Euro. Das Auswärtige Amt ging damals aber davon aus, dass sich die aus aller Welt zurückgeholten Reisenden insgesamt zu knapp 40 Prozent beteiligen.
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) hatte die Aktion am 17. März zusammen mit Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften gestartet, nachdem viele Länder wegen der Corona-Pandemie kurzfristig Grenzen geschlossen und Flugverbindungen gekappt hatten. Insgesamt wurden etwa 240.000 Reisende zurückgebracht. Die Reiseveranstalter flogen die Touristen, die bei ihnen gebucht hatten, selbst kostenlos aus.
200 Euro für Nordafrika, 600 Euro für Südamerika
Für Individualtouristen und andere Rückkehrwillige charterte das Auswärtige Amt selbst Maschinen, die 260 Flüge absolvierten und bis Ende April etwa 67.000 Menschen aus rund 65 Ländern zurückbrachten. Die wurden dann ab Juni zur Kasse gebeten. Die veranschlagten Ticketpreise lagen etwa im Bereich günstiger Economy-Tickets für die jeweiligen Regionen. Für Flüge von den Kanarischen Inseln und Nordafrika mussten 200 Euro gezahlt werden, für das südliche Afrika und die Karibik wurden 500 Euro fällig, Rückkehrer aus Südamerika und Asien mussten 600 Euro zahlen, und wer aus Neuseeland und Australien zurückgeholt wurde, erhielt eine Rechnung über 1000 Euro.
Bis Mitte Dezember wurden nach der Antwort des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt, Miguel Berger, 28.728 Zahlungsbescheide versandt. Wie viele davon beglichen wurden, geht aus dem Schreiben nicht hervor.
Eine Kostenbeteiligung der Passagiere ist im Konsulargesetz festgeschrieben. Außer ihnen beteiligt sich auch die EU mit Zuschüssen an den Flugkosten. Die deutschen Steuerzahler sollten nach den ursprünglichen Berechnungen des Auswärtigen Amts unter dem Strich noch mit 23 Millionen Euro oder 24 Prozent an der Aktion beteiligt sein.